Botulinumtoxin wurde 1817 von Dr. Justinus Christian Kerner als Auslöser des Botulismus (eine Lebensmittelvergiftung) entdeckt. Heute wird dieses von einem Bakterium produzierte Nervengift in kleiner, standardisierter Dosis vor allem vom Neurologen
(Nervenarzt) und Dermatologen (Hautarzt) eingesetzt. In der Dermatologie hat sich das Präparat insbesondere bei Behandlung von Gesichtsfalten und von übermäßigem
Schwitzen (Hyperhidrosis) sehr bewährt.
In beiden Fällen blockiert das Präparat die Reiz- oder Signalübertragung vom Nerven auf das Zielorgan (Muskel bzw. Schweißdrüse). Da die Nerven nach einiger Zeit neue "Leitungen" ausbilden, ist der therapeutische
Effekt zeitlich begrenzt. Das Sicherheitsprofil des Botulinumtoxins ist ausgezeichnet. Selbst wenn das natürliche Eiweiß in die Blutbahn eingespritzt wird, kommt es zu keinen systemischen (den ganzen Körper betreffenden) Nebenwirkungen.
Botulinumtoxine sind bakterielle Exotoxine (Giftstoffe) aus Clostridium botulinum, einem anaeroben Bakterium. Sie besitzen eine selektive Wirkung auf die neuronale Reizweiterleitung entlang der Nervenbahnen (Transmitterfreisetzung). Botulinumtoxine
sind Proteine (Eiweiße) und bestehen aus zwei Untereinheiten (leichte und schwere Ketten). Die hohe Selektivität der toxischen Wirkung gegenüber cholinergen Neuronen (Nervenzellen) beruht auf der neuronalen Aufnahme des Toxins durch
rezeptorvermittelte Endozytosen (Zellstoffwechselvorgänge). Da Botulinumtoxine vorwiegend in motorische Neuronen aufgenommen werden, resultiert eine sog. schlaffe Lähmung der betroffenen Muskulatur. So wird die Aktivität bestimmter
Muskeln gezielt blockiert, wodurch die Falten der entsprechenden Region verschwinden.
Nach Injektion in die betroffenen Muskeln kommt es innerhalb einiger Tage zu einer zunehmenden Lähmung des Falten verursachenden Muskels, die etwa 3-6 Monate anhält. Die Rückkehr der muskulären Aktivität beruht überwiegend
auf der Neubildung von Nervenenden und motorischen Endplatten. Die Restitution erfolgt langsam. Lange persistierende, geringe Toxinmengen in den synaptischen Terminalen erklären die lange Wirkungszeit der Botulinumtoxine.